Wenn Bayern in der Sahara läge
Von Christine Kindt
Hirschegg -
Trotz Fußballspiels im Fernsehen und Kameradschaftsabend im
Kleinwalsertal füllte sich beim „Walser Filmgewitter“ der Dorfplatz in Hirschegg am Samstag Abend
wieder gut mit Zuschauern. Gleich drei Filme waren diesmal zum Thema „Berge, Heimat, Schicksal!“
geboten: Philipp Clarins „Josefs Brüder“, „Die Alpen - Eine Reise durch Bayerisch Afrika“ von Tom
Dauer und Malte Roeper sowie Malte Roepers „Klettern am Limit - Die Huber-Buam“. Es handelte sich
dabei um drei völlig verschiedene Werke: einen hochemotionalen Kurzfilm, ein Lehrstück über die
Entstehung der Alpen und einen Film über zwei Extremkletterer.
Desertierter
Soldat
Philipp Clarin, Student an der Hochschule für Film in München, der zur Vorführung
seines ersten Spielfilmes gerne ins Walsertal gekommen wäre, musste allerdings wegen einer Grippe
absagen. Sein 13-minütiger Kurzfilm „Josefs Brüder“ aus dem Jahr 2005 erzählt eine auf Tatsachen
beruhende Geschichte aus dem Chiemgau, die er zunächst als Dokumentation drehen wollte. Doch boten
sich ihm so viele Schauspieler aus seinem Bekanntenkreis (darunter auch seine Schwester Anna) an,
dass er einen kurzen Spielfilm daraus machte. Die Handlung: Am Ende des letzten Weltkriegs
verstecken eine Bäuerin und ihre Tochter einen desertierten jungen Soldaten, der auf der Flucht vor
zwei Feldgendarmen ist. Dauert der Aufenthalt des Fremden im kargen Bergbauernhof auch nur ganz
kurz, so kommen doch viele Emotionen in dieser Zeit zum Tragen: Die Tochter, sehnt sich nach
Kontakt zu anderen Leuten und nach einem Leben außerhalb ihrer engen Umgebung. Sie verliebt sich
spontan in den jungen Mann. Die Mutter jedoch, deren eigener Sohn an der Front kämpft, bringt ihren
Unmut über den Fahnenflüchtigen zum Ausdruck: Er dürfe seine Kameraden nicht so einfach im Stich
lassen. Schließlich, als die Gendarmen fort sind, weist sie ihm die Türe.Sehr stimmungsvoll und
einfühlsam bringt Clarin die Gefühle aller Beteiligten zum Schwingen, zeigt die religiöse
Eingebundenheit der ländlichen Bevölkerung und ihren Mut. Dazu unterlegt er seinen Streifen mit
frommen Chorälen und einer Landschaft in winterlicher Kälte. So ist ein beeindruckendes kleines
Werk, entstanden, das nicht nur auf Festivals gezeigt werden sollte.Kaum ein Bayer wird die
bayrischen Alpengipfel als „Zugereiste“ bezeichnen - und doch sind sie es, wie der zweite Film des
Abends verdeutlicht. Ihre Entstehung. die auf der Kollision der afrikanischen und europäischen
Kontinentalplatte beruht, die vor Millionen von Jahren im warmen Tetismeer trieben, beweise es.
Umfangreiches Material trugen Tom Dauer und Malte Roeter zusammen, um die Vorgänge anschaulich und
plausibel zu machen. Manche Gegenüberstellung, wie es wohl wäre, wenn Bayern in der Sahara läge,
oder wenn statt der Kühe hier die Kamele grasen würden, sorgt mit humorvollen Bildern für heitere
Momente in dem informativen Film. Eine Geologiestunde, die Freunden der Landschaft viel
Interessantes zu erzählen hat, und dies auf sehr unterhaltende Weise
schafft.
Unverständliche Alleingänge
„Klettern am Limit - Die Huber-Buam“ heißt der
dritte Film des Abends. Er berichtet über zwei Brüder, die als Extremkletterer von sich reden
machen. Ihre Passion, die in jungen Jahren am heimatlichen Apfelbaum beginnt, in der Tenne und am
Dachboden des Elternhauses weitergeführt wird und heute in meist gemeinsam gemeisterten Routen
gipfelt, wird in diesem Portrait vorgestellt. Die Mutter, die beide lieber in normalen Berufen
sähe, und der Vater, der die eigene Kletterbegeisterung auf die Söhne übertragen hat, kommen zu
Wort. Und dazwischen immer wieder unglaubliche Touren, Expeditionen und ungesicherte Alleingänge
von Alex Huber, die wohl kaum mehr zu verstehen sind.Fazit: Ein vielfältiger, interessanter
Filmabend, der auf viel Beifall stieß.
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